Vorliegend handelt es sich ausschliesslich um vorzeitige Schliessungen einer Gesellschaft, die noch über genügend Finanzmittel verfügt. Sollte sich das Unternehmen in Frankreich in der Situation der Zahlungsunfähigkeit (cessation de paiement) befinden und seinen finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können, müsste es gem. Art. R 632-1 ff. Code de Commerce beim zuständigen Handelsgericht einen Insolvenzantrag (dépôt de bilan) stellen (siehe hierzu: xlqx.net/de/konkursverfahren-in-frankreich-franzoesisches-insolvenzrecht/)
a.) Grundsätzlich müsste im Rahmen der vorzeitigen Schliessung der Gesellschaft (Dissolution) zunächst ein interner oder externer Liquidator bestellt werden (in der Regel erfolgt dies mittels Gesellschafterbeschluss, in welchem sodann gleichzeitig dessen Befugnisse bestimmt werden). Der Gesellschafter kann ebenfalls als Liquidator tätig werden. Der Präsident und evtl. der Geschäftsführer (Directeur), soweit ein solcher bestehen sollte, werden von der weiteren Führung der Gesellschaft freigestellt. Im Rahmen des Auflösungsprozesses erfolgt die Mitteilung an das zuständige Handelsgericht (M2 Antrag) und das Finanzamt. Der Beginn des Auflösungsprozesses wird ebenfalls im sog. „Journal d’Annonce Légal“ (Avis de dissolution) veröffentlicht.
b.) In einem zweiten Schritt hätte sodann der Liquidator die bestehende Aktiva und Passiva zu bewerten und das Unternehmen innerhalb von max. 3 Jahren abzuwickeln. Abschliessend würde die Gesellschaft förmlich beim Handelsregister aufgelöst werden (M4 Antrag), was wiederum im „Journal d’Annonce Légal“ veröffentlicht würde.
c.) Sollte es sich jedoch bei der Gesellschaft um eine Gesellschaft mit nur einer Gesellschafterin handeln, was bei den französischen Töchterunternehmen deutscher Muttergesellschaften oftmals der Fall ist, erfolgt gem. Art. 1844-5 Code Civil die unmittelbaren Verschmelzung sowohl der Aktiva wie ebenfalls der Passiva (Transmission Universelle de Patrimoine oder auch TUP genannt) mit der Alleingesellschafterin, d.h. der Muttergesellschaft.
Konkret handelt es sich um ein Art vereinfachtes und kostengünstiges Fusionsverfahren ohne Wirtschaftsprüfer, bei dem lediglich eine juristische „Hülle“ zurückbleibt. Ein gesondertes Liqudiationsverfahren ist nicht notwendig. Ebenfalls muss kein Liquidator benannt werden. Sollten Patente oder besondere Zulassungen der aufzulösenden französischen Tochtergesellschaft bestehen, müssen diese dem INPI benannt werden, damit diese Rechte von der Muttergesellschaft weiterhin genutzt werden können.
Die Gläubiger haben ab offizieller Bekanntgabe 30 Tage Zeit, mögliche Verbindlichkeiten gegenüber der Tochtergesellschaft anzumelden. Nach Ablauf dieser Frist wird die Tochtergesellschaft aufgelöst und die Aktiva und Passiva an die Muttergesellschaft übertragen.
d.) Bestehenden Arbeitsverträge zwischen den Mitarbeitern der aufzulösenden Tochtergesellschaft werden auf die Muttergesellschaft gem. Art. L. 1224 – 1 Code du Travail übertragen.
Sollte eine kollektive betriebsbedingte Kündigung geplant sein (d.h. mehr als 9 Mitarbeiter innerhalb von 30 Tagen) müsste bezüglich des einschlägigen Kündigungsverfahrens jeweils unterschieden werden, ob ein Betriebsrat besteht und wieviel Mitarbeiter innerhalb welchen Zeitraumes jeweils freigestellt würden (licenciement collectif). Die dementsprechende zuständige Arbeitsaufsichtsbehörde DIRECCTE ist fristgerecht zu unterrichten.
Es bedürfte natürlich ebenfalls eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes (z.B. eines erheblichen Umsatzeinbruches und/oder der Verschlechterung der Auftragslage innerhalb der letzten 6 Monate bzw. einer notwendigen Reorganisation). Mögliche Kündigungsgründe sind in Art. L. 1233-3 Code du Travail genannt.
Seit der Einführung des in Frankreich heftig umstrittenen El Khomri Gesetzes, welches seit dem 1. Dezember 2016 Anwendung findet, wurde das betriebsbedingte Kündigungsverfahren für kleinere Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern wesentlich vereinfacht. Die Kontrollmöglichkeit der Gericht wurde ebenfalls eingeschränkt.
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Eine Information von ALARIS AVOCATS.