Eröffnung des französischen Insolvenzverfahrens.
Sollte sich ein Unternehmen in Frankreich in der Situation der Zahlungsunfähigkeit (cessation de paiement) befinden und seinen finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können, muss es gem. Art. R 632-1 ff. Code de Commerce beim zuständigen Handelsgericht (für Unternehmen) oder Landgericht (für Freiberufler) einen Insolvenzantrag (dépôt de bilan) stellen. Zahlungsunfähig ist das Unternehmen, wenn es seine Passiva (fälligen Schulden) nicht mehr mit der bestehenden Aktiva bezahlen kann.
Unter bestehende Aktiva (active disponible) fallen alle Vermögenswerte, die sofort oder kurzfristig finanziell liquidiert werden könnten, ohne die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens zu gefährden. Unter fällige Passiva (passif exigible) zählen alle fälligen Verbindlichkeiten, auf die Gläubiger einen sofortigen, nicht bestreitbaren und bestimmten Anspruch haben (z.B. nicht bestreitbare Rechnungen). Sollte ein Zahlungsaufschub gewährt werden oder Kreditreserven bestehen, liegen die oben genannten Voraussetzungen evtl. noch nicht vor.
Der Insolvenzantrag
Der Insolvenzantrag muss spätestens innerhalb von maximal 45 Tagen ab Beginn der Zahlungsunfähigkeit beim zuständigen Gericht gestellt werden. Sollte es sich um ein Unternehmen handeln, kann nur der gesetzliche Vertreter (d.h. nicht der Gesellschafter) den Insolvenzantrag stellen. Er kann sich hierbei von einem Anwalt vertreten lassen. Sollte der Insolvenzantrag nicht innerhalb dieser Frist gestellt worden sein, kann der gesetzliche Vertreter evtl. sich der Insolvenzverschleppung haftbar machen mit der Folge, in Zukunft eine Führungsposition nicht mehr ausüben zu dürfen. Dies gilt selbst dann, wenn ein Gläubiger des Unternehmens bereits bei Gericht einen Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt hat.
Verschiedene Arten der Insolvenzverfahren
Im Insolvenzantrag muss der Schuldner die Eröffnung des passenden Insolvenzverfahrens beantragen – d.h. der „procedure de redressement judiciaire“, der „procedure de liquidation judiciaire“ oder der „procedure de liquidation judiciaire simplifiée“. Der Unterschied zwischen diesen Insolvenzverfahren ist, das beim ersten Verfahren der Insolvenzverwalter noch versuchen wird, das Unternehmen zu retten (Art. L 631-1 ff. und R. 631-1 ff. du Code du Commerce), während bei den weiteren Verfahren keine Rettung mehr möglich erscheint und das Unternehmen lediglich von einem Insolvenzverwalter abgewickelt wird (Art. L. 640-1 ff. und R 641-1 ff. Code de Commerce). Dem Insolvenzantrag müssen bestimmte Anlagen beigefügt werden (z.B. Handelsregisterauszug, Aufstellung der Aktiva und Passiva, Bilanzen etc …).
Insolvenzantrag als Formular zum Download
Die französischen Behörden stellen online und gratis ein Insolvenzantragsformular (Cerfa n°10530*01) zur Verfügung: www.service-public.fr/professionnels-entreprises/vosdroits/R17169
Ob sich ein Unternehmen in Frankreich in einem der oben genannten Insolvenzverfahren befindet, kann wiederum gratis und online im Bulletin officiel des annonces civiles et commerciales (Bodacc) auf folgender Internetseite eingesehen werden: www.bodacc.fr
Sollte es sich bei dem Schuldner um eine „Einzelfirma“ ohne bestimmte Gesellschaftsform, ohne Arbeitnehmer und weniger als 5.000 Euro Aktiva handeln (d.h. keine Gesellschaft und keine EIRL), kann seit dem 1. Juli 2014 unter Umständen und gem. L. 645-1 ff. und R. 654-1 ff. Code du Commerce ein sog. „Retablissement professionnel“ Verfahren beantragt werden.
Sollte hingegen noch keine Zahlungsunfähigkeit nach den oben genannten Kriterien vorliegen, kann das Unternehmen ebenfalls eine sog. „procedure de conciliation“, d.h. ein Schlichtungsverfahren, beantragen – bzw. die in Frankreich bestehenden Präventivverfahren (nicht öffentliches mandat ad hoc Verfahren oder alternativ „sauvegarde“ oder „sauvegarde accélérée“ Verfahren).
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Eine Information von ALARIS AVOCATS.